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»Das Wunder von Mals« vor Gericht

Südtirol verklagt das Umweltinstitut München, den Autor Alexander Schiebel sowie den oekom verlag – wegen öffentlicher Kritik am Pestizideinsatz im Obstanbau

Eine Landwirtschaft ganz ohne chemisch-synthetischen Pestizideinsatz? Dies hat sich die Gemeinde Mals in Südtirol zum Ziel gesetzt – auch wenn sie sich damit den Interessen der Südtiroler Landesregierung, des Bauernbunds und der Agrarindustrie entgegenstellt. Unser Autor Alexander Schiebel hat über diesen Kampf gegen Pestizide ein Buch geschrieben: In »Das Wunder von Mals« erzählt er die Geschichte der Malser Vorkämpfer*innen, die sich für eine zukunftsfähige Landwirtschaft einsetzen, obwohl ihnen fortwährend Steine in den Weg gelegt werden.

Sein Buch wurde ein Erfolg – doch nicht allen gefiel seine Berichterstattung. Der Südtiroler Landesrat für Landwirtschaft zeigte ihn 2017 wegen übler Nachrede an; nun muss Schiebel sich in Italien vor Gericht verantworten. Und nicht nur er: Auch oekom-Verleger Jacob Radloff droht ein Gerichtsverfahren wegen übler Nachrede. Für die Angeklagten und ihre Anwält*innen handelt es sich dabei um einen Angriff auf die Meinungsfreiheit, mit dem kritische Stimmen gegenüber der Agrarindustrie zum Schweigen gebracht werden sollen.

Zusammenfassung: Ein Angriff auf die Meinungsfreiheit

Im September 2017 stellte Arnold Schuler, der damalige stellvertretende Südtiroler Landeshauptmann, und Landesrat für Landwirtschaft1, Strafanzeigen gegen MitarbeiterInnen des Umweltinstitut Münchens, Alexander Schiebel, den Autor des Buches „Das Wunder von Mals“, sowie dessen Verleger Jacob Radloff, den Geschäftsführer des oekom verlags. Mehr als 1.300 LandwirtInnen schlossen sich den Anzeigen an.

Anlass der Anzeigen war die Kritik des Umweltinstitut Münchens und des Buchautors am massiven Pestizideinsatz, der in den Südtiroler Obstplantagen allgegenwärtig ist: In der Provinz wachsen auf mehr als 18.000 Hektar Anbaufläche Äpfel. Rund zehn Prozent der insgesamt in Europa geernteten Äpfel stammen von dort. Teilweise wird in den Apfelplantagen mehr als 20 Mal im Jahr gespritzt. Unter den Giften leiden Artenvielfalt und Menschen.

Drei Jahre nach der Anzeige durch Arnold Schuler erhebt nun die Staatsanwaltschaft beim Landesgericht in Bozen Anklage wegen übler Nachrede gegen Karl Bär, Mitarbeiter des Umweltinstitut Münchens, und den Buchautor Alexander Schiebel wegen übler Nachrede.

Der erste Prozesstag gegen Karl Bär war der 15. September 2020. Den Betroffenen drohen bei einer Niederlage in dem Strafgerichtsprozess nicht nur eine Geldstrafe, sondern auch mögliche Schadenssatzforderungen von potentiell tausenden Südtiroler LandwirtInnen in Millionenhöhe und damit der finanzielle Ruin.

Aus Sicht des Umweltinstitut Münchens und seiner AnwältInnen sind die Anzeigen und Anklagen ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Wenn GegnerInnen der industriellen Landwirtschaft befürchten müssen, bei Kritik sofort angezeigt zu werden, wer wird sich dann noch trauen, eine solche Kritik zu äußern?

Die Anzeigen reihen sich ein in eine in ganz Europa immer häufiger angewendete Strategie von Unternehmen, PolitikerInnen und einflussreichen Einzelpersonen, AktivistInnen und kritische JournalistInnen durch haltlose Anzeigen und Klagen in ihrer Arbeit zu behindern oder einzuschüchtern.

„Das Wunder von Mals“ von Alexander Schiebel

In seinem Buch „Das Wunder von Mals“ und im gleichnamigen Film stellt Alexander Schiebel die VordenkerInnen, AktivistInnen und Bio-LandwirtInnen aus Mals vor und begleitet aus dokumentarischer wie persönlicher Sicht die Geschichte ihres Kampfes für eine pestizidfreie Gemeinde. Bis heute ist ihm eines völlig unverständlich: Warum werden die Menschen in Mals, die pestizidfrei leben und umweltschädigende Produktionsweisen nicht hinnehmen wollen und vor Ort aktiv nach zukunftsweisenden Alternativen suchen, mit so viel Aufwand bekämpft? Seit Erscheinen im September 2017 erzielte „Das Wunder von Mals“ eine bemerkenswerte öffentliche und mediale Aufmerksamkeit. Durch intensive Pressearbeit, zahlreiche Interviews und Filmvorführungen in Deutschland, Österreich und Italien prägte der Autor und Aktivist Alexander Schiebel die Berichterstattung im Fall Mals ganz entscheidend mit.

Im deutschsprachigen Raum verkaufte sich das Buch über 10.000 Mal. Mehr als 13.000 ZuschauerInnen sahen Schiebels gleichnamigen Dokumentarfilm in rund 250 Kinovorführungen, die zum Großteil von Schiebel selbst organisiert wurden und bei denen er oft persönlich anwesend war.

Dies ist ein Gastbeitrag des oekom verlags

Der oekom verlag:

• setzt sich seit 1989 als größter deutschsprachiger Verlag für Ökologie und Nachhaltigkeit für eine zukunftsfähige Entwicklung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ein.

• publiziert gemeinsam mit einem großen Netzwerk aus AutorInnen, KooperationspartnerInnen und FörderInnen elf Zeitschriften und mehr als 70 Buchneuerscheinungen pro Jahr. Seine Themen reichen von Klimaschutz über Artenvielfalt bis hin zu Postwachstumsökonomie oder Agrarwirtschaft.

• stellt Umweltschutz nicht nur in seinen Publikationen, sondern auch in der Produktion und im Firmenalltag in den Mittelpunkt.

Weitere Hintergundinformationen über den Pestizideinsatz zu den aktuellen Entwicklungen zum Prozessgeschehen findest Du hier.

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Ein besonderer Buchtipp

HOPE – ES GIBT KEIN ZURÜCK. DU KOMMST AN. ODER DU STIRBST.

Von Peer Martin

Der junge Kanadier Mathis fliegt nach Südafrika. Unerfahren, mit dem Gefühl in seinem Leben noch nichts geleistet zu haben. Aber er hat eine Mission. Er möchte die weltweite Klimaveränderung dokumentieren und beweisen, dass es inzwischen viele Klimaflüchtlinge gibt die sich auf den Weg machen müssen.

Er fliegt nach Johannisburg mit dem Ziel sich dort Flüchtlingen anschließen, die in die USA aufbrechen. Über Brasilien und von dort aus auf dem Landweg durch Süd- und ganz Mittelamerika. Und tatsächlich findet er einen 11 Jahre alten Somali, den er begleiten darf. Das heißt Mathis kauft für den Jungen erst mal gefälschte Papiere und für sie Beide Tickets nach Manaus. Mit dem Schiff geht es auf dem Amazonas in Richtung Kolumbien. Eine abenteuerliche Reise beginnt.

© Dressler Verlag, Hamburg

Dieses fantastische Buch ist aus der Ich-Perspektive von Mathis geschrieben.

„Ich hatte keine Angst. Damals auf der Dachterrasse in Manaus, zwischen grünen Papageien und Papaya auf meinem Teller, war ich zu naiv, um Angst zu haben.“

Doch es hätte genug Grund gegeben Angst zu haben. Es beginnt der Kampf ums pure Überleben. Jede erreichte Gegend bringt neue tödliche Gefahren. Es wird deutlich, warum sich auch dort immer mehr Menschen auf denselben Weg wie sie machen.

Die Situation scheint besonders absurd, als die Beiden auf Backpacker treffen. Eine unübersehbare Zweiteilung der Menschheit im Bezug auf elementare Menschenrechte wird dabei mehr als deutlich. Zwei Welten treffen aufeinander. Die Urlauber sind zwar gut informiert und wollen sich auch engagieren, jedoch ist das reines Bücherwissen und geht an der brutalen Realität komplett vorbei. Sie können gefährlichen Situationen entfliehen und zu einem neuen Ziel aufbrechen. Doch die beiden Protagonisten haben keine andere Wahl als um ihr Leben zu kämpfen.

Der Roman ist so detailgetreu und so unglaublich gut recherchiert, dass man während des Lesens denkt, es ist doch eine eins-zu-eins nacherzählte wahre Geschichte. Spannung pur. In jedem Satz unterhaltsam und zugleich unglaublich informativ.

Außerdem gibt es zu allen Gebieten, welche die Beiden durchqueren eine zusätzliche Seite am jeweiligen Kapitelende mit Fakten zu den Begebenheiten vor Ort, Stichworte für die eigene Internetsuche und immer den Abschnitt „Hoffnung“. Hier werden die positiven ökologischen Entwicklungen im jeweiligen Land beschrieben.

Zwischen Mathis und dem Kind entsteht auf der langen Reise viel mehr als nur tiefe Freundschaft. Es entwickelt sich eine tiefe Verbundenheit, die nicht nur zwischen den beiden entsteht sondern uns alle mit einbezieht. Menschen, Tiere, Pflanzen. Alles ist miteinander verbunden. Wir sind alle Teil einer wunderbaren Welt.

Der Name des Kindes ist für uns HOPE.

Peer Martin (Autor), Nils Andersen (Illustrator)

Hope – Es gibt kein zurück. Du kommst an. Oder du stirbst.

Altersempfehlung: ab 16 Jahren

ISBN: 978-3-7915-0139-0

Erscheinungstermin: 22.07.2019, Seiten: 544, Dressler Verlag